Bei dem Ferriman-Gallwey Index handelt es sich um eine praktische, sehr einfach anwendbare Methode, mit der Hirsutismus bei Frauen gemessen und ausgewertet werden kann. Diese Messmethode wurde 1961 von D. Ferriman und J.D. Gallwey in der Fachzeitschrift Journal für Klinische Endokrinologie erstmalig veröffentlicht, im Sinne einer anthropologischen Vergleichsmethode. Erst in der Folge entdeckten Mediziner diese Methode als Instrument für die Bewertung von androgener Behaarung an Frauen. Ferriman und Gallwey prüften ursprünglich 11 Körperstellen auf Haarwachstum, aktuell begutachten Mediziner in modifizierten Formen der Methode 6-19 Körperteile.
Die Erkrankung bezeichnet bei Frauen ein verändertes Verteilungsmuster sogenannter Terminalhaare. Bei Hirsutismus (Hypertrichose, übermäßige Behaarung) weisen Frauen ein männliches Verteilungsmuster der Behaarung auf. Ursächlich ist regelmäßig ein erhöhter Anteil an männlichen Hormonen. Bei der Behaarung werden dünne, schwachpigmentierte Vellushaare von dicken, langen und stark pigmentierten Terminalhaaren unterschieden.
Während der Pubertät werden etwa 45% der weiblichen Vellushaare in Terminalhaare umgewandelt, bei den heranwachsenden Männern unter dem Einfluss männlicher Geschlechtshormone (Androgene) sind es 90% der Vellushaare. Weisen Frauen eine vermehrte Androgenbildung auf, kommt es auch bei ihnen zur Ausbildung verstärkter Körperbehaarung an für Frauen untypischen Stellen.
Ein bekanntes Beispiel sind Barthaare an Kinn und Oberlippe. Diese Erscheinungen sind zunächst ein vorwiegend ästhetisches Problem, die aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz für Betroffene sehr belastend sein können. Etwa 5-10% aller Frauen im gebärfähigen Alten leiden unter Anzeichen eines erhöhten Androgenspiegels. Frauen südländischen Typs sind überdurchschnittlich betroffen.
Die Symptome des Hirsutismus können auch eine schwerwiegendere Form einer Vermännlichung indizieren. Die Erkrankung ist dann ein Anzeichen von Hyperandrogenämie, einer übermäßigen Ausschüttung von Testosteron bei Frauen, die neben der veränderten Körperbehaarung weitere Folgen zeitigt: Typisch sind starke Akne und Seborrhö sowie eine allgemeine erkennbare Vermännlichung mit einer Ausbildung männlicher Körperproportionen, einer tiefer werdenden Stimme und weiteren Erscheinungen.
Die Hormonverteilung ist von Mensch zu Mensch sehr individuell, von einem behandlungsbedürftigen Hirsutismus wird daher erst gesprochen, wenn die vermännlichte Körperbehaarung ein bestimmtes Maß überschreitet. Hier bietet der Ferriman-Gallwey Index einen Rahmen, um Androgenisierungserscheinungen bei Frauen medizinisch einzuordnen.
Der Index besteht aus einer 4-Punkte-SKala, dabei steht 4 für großflächigen Haarwuchs und 0 für keinen Haarwuchs. Werden 9 Körperstellen untersucht, können maximal 36 Punkte erreicht werden. Angesehen werden Oberlippe, Kinn, Brust, Oberarme, Unterarme, Oberbauch, Unterleib, Schenkel und Beine.
Bereits ab einer Punktzahl von 8 Punkten wird hellhäutigen Frauen ein Überschuss von männlichen Hormonen attestiert. Für asiatische Frauen zeitigt die Methode keine zuverlässigen Ergebnisse und findet deshalb keine Anwendung auf sie.
Einige Mediziner erweitern den Index um weitere Körperstellen mit Koteletten, Nacken, Pobacken, Leisten, Perianus, Unterarme, oberer und unterer Rücken, Finger, Füße und Zehen. Die 4-Punkte-Skala findet hier Anwendung.
Körperstelle | Ausprägung | vorhanden | Wert |
---|---|---|---|
Oberlippe | Wenig Haare | ( ) | 1 |
Kleiner Bart | ( ) | 2 | |
Oberlippenbart fast bis zur Mittellinie | ( ) | 3 | |
Bart bis zur Mittellinie | ( ) | 4 | |
Kinn | Vereinzelte Haare | ( ) | 1 |
Haaransammlung | ( ) | 2 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 3 | |
Dichte Haardecke | ( ) | 4 | |
Brust | Einzelne Haare | ( ) | 1 |
Haare in der Mittellinie | ( ) | 2 | |
75% mit Haaren bedeckt | ( ) | 3 | |
Komplett mit Haaren bedeckt | ( ) | 4 | |
Rücken | Einzelne Haare | ( ) | 1 |
Mehrere Haare | ( ) | 2 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 3 | |
Dichte Haardecke | ( ) | 4 | |
Lenden | Sakrales Haarpolster | ( ) | 1 |
Haarpolster mit lateraler Ausdehnung | ( ) | 2 | |
75% mit Haaren bedeckt | ( ) | 3 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 4 | |
Oberbauch | Wenig Haare in der Mittellinie | ( ) | 1 |
Vermehrt Haare in der Mittellinie | ( ) | 2 | |
Halbe Haardecke | ( ) | 3 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 4 | |
Unterbauch | Einige Haare in der Mittellinie | ( ) | 1 |
Haarstrich an der Mittellinie | ( ) | 2 | |
Band von Haaren | ( ) | 3 | |
Umgekehrtes V aus Haaren | ( ) | 4 | |
Oberarm | Diskrete Behaarung | ( ) | 1 |
Vermehrte Behaarung | ( ) | 2 | |
Halbe Haardecke | ( ) | 3 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 4 | |
Oberschenkel | Diskrete Behaarung | ( ) | 1 |
Vermehrte Behaarung | ( ) | 2 | |
Halbe Haardecke | ( ) | 3 | |
Komplette Haardecke | ( ) | 4 | |
Gesamtwert | _/36 |
Hirsutismus kann auch mit weiteren objektiven Methoden nachgewiesen und bewertet werden. Dazu zählen zum Beispiel die fotografische Beurteilung, die mikroskopische Messung des Durchmessers inklusive Zählung der Haarschäfte sowie computerbasierte Schätzungen.
Im Vergleich zum Ferriman-Gallwey-Index haben diese Methoden erhebliche Nachteile: Sie sind sehr komplex, kostenintensiv und im Praxisalltag schwer anzuwenden. Der Ferriman-Gallwey Index hat sich durch seine niedrige Kostenintensität und leichte Umsetzbarkeit in der medizinischen Praxis durchsetzen können.
Der Ferriman-Gallwey Index bietet eine erste gute Grundlage für die Einleitung einer Behandlung des Hirsutismus. Bei der typischen Ausbildung eines leichten Damenbarts sind äußerlich anwendbare Produkte wie Vaniqa erste Wahl.
Bei einer großflächigen Verbreitung eines männlichen Haarmusters kommt unter Umständen auch die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva (Antibabypille) in Betracht. Typisch ist hier etwa die Diane 35 (Dianette).
Letztere kann bei einem Überschuss männlicher Hormone im weiblichen Organismus nach ärztlicher Beratung zum Einsatz kommen. Neben der Bewertung der Körperbehaarung mittels des Ferriman-Gallwey-Index unterscheiden Mediziner auch bestimmte endogene (innere) und exogene (äußere) Faktoren bei der Entstehung des Hirsutismus:
Hierzu zählen Insulinresistenz, Tumore, die männliche Hormone produzieren und Schwangerschafts-Vermännlichung. Diese begründen eine übermäßige Androgenproduktion, die die vermännlichte Behaarung auslöst.
Hier sind Störungen wie das adrenogenitale Syndrom (Überstimulierung der Nebenniere und Mangel an Cortisol und Aldosteron), androgen-assoziierte Tumore, sowie das sogenannte Cushing Syndrom mit einer überhöhten Bildung von Korticosteroiden angesiedelt.
Darunter versteht man Formen von idiopathischen (familiär bedingtem) Hirsutismus oder mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom, eine spezielle Hormonerkrankung der Frau als häufigste Ursachen vermännlichter Haarbildung bei Frauen.
Exogene männliche Hormone gehen auf medikamentöse Einflüsse, wie etwa Anabolika und Steroide zurück, die bei Frauen einen sogenannten Vermännlichungsprozess in Gang setzen können.
Betroffene Frauen sollten sich in jedem Fall ärztlich beraten lassen. Die Ferriman-Gallwey Methode bietet erste Anhaltspunkte für die Bewertung des Schweregrades eines Hirsutismus. Der Arzt kann so über die weitere passende Behandlung im individuellen Fall entscheiden.
Es gibt mittlerweile einige weitere Methoden mit denen Hirsutismus bestimmt werden kann. So können auch mikroskopische oder computer-basierte Untersuchungen durchgeführt werden.
Die Unterteilung nach Baron gliedert sich in 3 Grade und nimmt 8 Körperbereiche in den Blick.